Am 16.05.2014 brachte die Elefantenkuh Mingalor Oo ihr viertes Kalb zur Welt. Mutter und Kind sind wohlauf und der Kleine wird von seiner Mutter und Tante Swe Zin gut versorgt. In Erinnerung an seinen Vater Radza wird er den Namen Radza Junior erhalten.
Am 11.02.2014
wurden die Ergebnisse der Obduktion von Akila (Akili) und Seronga
bekanntgegeben.
Bei Akila wurden fortschreitende
degenerative Veränderungen in mehreren Gehirnbereichen (teils mit ausgebildetem
funktionslosem Ersatzgewebe) und eine abnormale Erweiterung von
Gehirnwasserkanäle festgestellt.
Seronga ist an einer durch Encephalomyocarditisviren (auch Enzephalomyokarditisviren
oder EMC-Viren)
hervorgerufenen Herzmuskelentzündung gestorben.
In
den Veröffentlichungen auf der Internetseite des Thüringer Zooparks und der
Thüringer Allgemeinen bzw. im Artikel ihrer Papierausgabe ist dazu weiterhin zu
lesen:
"Der Erreger", der bei Seronga festgestellt wurde, "wurde bei Elefanten bislang
nur in Australien, Südafrika und dem Süden der USA
nachgewiesen. Der Infektionsverlauf ist sehr rasch (innerhalb von bis zu 10
Tagen kommt es entweder zum plötzlichen Tod des Tieres oder zu einem Überwinden
der Infektion durch die körpereigene Abwehr) und eine direkte Ansteckung von
Elefant zu Elefant konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Die Untersuchungen
zur Identifizierung der Ansteckungsquelle sind noch nicht abgeschlossen."*
Man könnte hier
den Eindruck gewinnen, dass die Beteiligten über das Auftreten des Erregers (oder geht es hier um eine spezielle Form) bei
Seronga sehr überrascht sind. Wieso steht dann bereits in einem Fachbuch (Hartmut Krauss u. a., Zoonosen, Deutscher Ärzte-Verlag 2004):
"EMC-Viren kommen weltweit vor;
Erkrankungen werden aber nur selten diagnostiziert. ... Die am meisten
betroffenen Tierart ist das Schwein ... . Besonders empfänglich sind außerdem
verschiedene Primatenarten und der afrikanische Elefant (plötzlicher Todesfall
im Zoo!)."?
"Keine Verbindung gebe es zum Tod der mit
Akili ausgetauschten Erfurter Elefantenkuh Seronga, die in Frankreich
verstarb."
Das Wörtchen "gebe" sowie der
Satzbau lassen mich vermuten, dass der Redakteur der Thüringer Allgemeine sich
auch nicht sicher war, ob er das nun glauben sollte oder nicht. Es gibt
verschiedene Todesursachen, aber der Hinweis auf die bisher wenig erforschte
Todesursache von Seronga und die bei Akila beschriebenen Hirnveränderungen
scheinen mir als Beweis für die These etwas dürftig. Das kann man glauben, muss
man aber nicht. Laut veterinärmedizinischem Wörterbuch ist Enzephalomyokarditis eine Gehirn- und
Herzmuskelentzündung. Damit sind die Todesursachen der beiden Tiere auf alle
Fälle nicht so weit voneinander entfernt wie ein Genickbruch vom Herzinfarkt. Mehr
Erläuterungen seitens des Thüringer Zooparks wären hier sicherlich sinnvoll
gewesen.
Allen, die jetzt denken, dass sich Seronga eventuell durch verseuchtes Futter angesteckt haben könnte oder das die Viren durch heimische Tiere
(z.B. Ratten) übertragen wurden, muss ich recht geben. Das könnte sein.
Aber das hätte auch in Afrika passieren können.
Außerdem wurden im Rahmen der Bekanntgabe der
Todesursachen auch weitere Einzelheiten von Tag des Todes von Akila bekannt.
Damals wurde veröffentlicht, dass sie eingeschläfert werden musste, da man sie
trotz technischer Unterstützung nicht aufrichten konnte. Zweifel an dieser
Erklärung habe ich ja bereits im Dezember 2013 geäußert. Nun wurden die
Vorgänge vom 13.12.2013 doch etwas anders dargestellt. So erinnerte sich die
Zootierärztin:
"Bis zum Todestag habe sich Akilieher nicht ungewöhnlich verhalten."
Sie hat sich also gewöhnlich verhalten. Dieser Satz ist nichts neues, wird aber infolge
eigentlich widerlegt.
"Rückblickend erinnert sich die Zootierärztin zwar
daran, dass der Elefant (Akila) rückwärts durch die Tür ins Außengehege zu
gehen pflegte. Aber wir hielten das für eine Angewohnheit", sagte Hensel."
Will sie damit etwa sagen, dass dieses Verhalten heute
auf die Krankheit zurückgeführt wird?
Es ist zwar möglich, dass ein Elefant
rückwärts durch eine Tür geht, weil er sich wegen eines Hirnschäden nicht mehr
erinnern kann, das man das eigentlich anders macht. Eine andere Erklärung wäre
aber auch, dass Akila damit ihre Unterordnung zeigen wollte. Elefanten machen das
normalerweise so. Aber Akila hatte ja was am Kopf und da konnte sie ja kein
normales Elefantenverhalten zeigen. Für mich ist die Unterordnung das Näherliegende.
Auffällig war für mich an Akilas Verhalten auch, dass sie z. B. beim
Training die Kommandos zuerst befolgte und dann wie aus heiterem
Himmel den Pfleger angriff.
Aber auch diese Verhaltensweise könnte ganz normales
Elefantenverhalten sein, nämlich ein Versuch zu prüfen, ob sie dem fremden
Pfleger nicht doch überlegen ist.
"Das Allgemeinbefinden (von Akila) wurde
immer schlechter", schilderte Hensel. Die Zooparkleitung entschloss sich
schließlich, Akili einzuschläfern, um ihr die Todesqualen zu ersparen. Zuvor
deuteten nach Darstellung der Zootierärztin die Muskelschwäche und weit
aufgerissene Pupillen darauf hin, dass bei Akili etwas mit dem zentralen
Nervensystem nicht stimme.
Hier kann ich nur fragen, warum das nicht schon im Dezember 2013 veröffentlicht wurde?
"... der Zoo-Direktor Thomas Kölpin … Akili zehn Tage
vor ihrem Tod mit folgenden Worten beschrieb: "Sie frisst schlecht und hat nur
Unsinn im Kopf"."
Was war oder ist mit der Kommunikation im Thüringer Zoopark los?
Wenn sie nicht total am Boden lag, wollte man mit diesen Worten wohl die Presse und auch
jedem Besucher für dumm verkaufen. Wie bereits erwähnt, erhielt ich Ende
November 2013 auf Anfrage von Dr. Kölpin die Nachricht, dass Akila in der
vergangenen Zeit schlecht gefressen hat und es ihr inzwischen wieder besser
gehe. Damit will ich nicht sagen, dass man hier durch früheres Eingreifen den
nahenden Tod hätte abzuwenden können. Aber wieso entstellt man Fakten?
Und mit "Unsinn im Kopf" möchte ich Akilas Verhalten auch
nicht beschreiben. Sie hat sich in ihrer Zeit in Erfurt zwar teilweise
sehr auffällig verhalten. Sie hat die Besucher angebettelt, hat Stereotype
gezeigt, wollte das Haus nicht verlassen und es dann wiederum auch nur sehr
zögerlich betreten. Unsinn im Kopf würde ich vielleicht sagen, wenn ein paar
Jungbullen sich übereinander kugeln, sich im Rüssel-Kopf-Stand versuchen oder delphingleich in die Höhe schnellen, um sich dann wieder ins Wasser fallen
zu lassen.
"Der acht Wochen zurückliegende Transport aus
Frankreich „in keinem direkten Zusammenhang“ mit dem Tod stehe. Doch sei solch
ein Transport ein Stressereignis – was bei einem gesunden Tier kein Problem sei,
könne bei einer schwelenden Krankheit andere Auswirkungen haben."
Mit den letzten Satz ist gesagt, dass der Transport
sehr wohl etwas mit dem Tod des Tieres zu tun haben kann. Aber ob und wie lange Akila in Frankreich länger gelebt hätte, kann niemand sagen. Eine andere
Stresssituation, wie z. B. die Zuführung eines anderen Zuchtbullen, hätte ihrem
Tod auch herbeiführen können.
Ein geschädigtes Tier kann man auch mit tierärztlicher
Hilfe nicht unbegrenzt am Leben halten. Im Gegenteil, schon einige Tiere
wurden in Watte gepackt und damit länger am Leben gehalten. Inwieweit dem Tier
dadurch aber zusätzliches Leid zugemutet wurde, könnte uns nur der Elefant
selber sagen. In der Natur packt keiner den Elefanten in Watte. Hier wäre sie
wahrscheinlich schon früher gestorben.
"Die amtierende Werkleiterin, Erfurts Dezernentin Kathrin Hoyer
(Grüne), betonte, dass der Zoopark
an Akilis Tod keine Schuld trage. "Akili hatte keine akuten Infekte und
keine Verletzungen."
Die Klärung der Schuldfrage bringt hier niemand
weiter. Nur eine Klärung der Ursache für die fortschreitende
degenerative Veränderungen des Gehirns oder auch die Ansteckungswege bei
Seronga kann zukünftige Risiken dieser Art vermindern.
Auch bei asiatischen Elefanten ist eine Krankheit bekannt, die schnell zum Tod führen kann. Wie bereits auf "Über Aishu" erwähnt ist auch bei asiatischen Elefanten eine ähnlich gefährliche Krankheit, nämlich Herpes, bekannt.
* Information von der Internetseite des Thüringer
Zooparkes
Eine Lösung für Emmen bahnt sich an (2013/01)
Tuberkulose stoppt Elefantentransfern (2013/03)
Radza ist tot (2013/10)
Endlich ist ein Zoo gefunden (2013/12)
Akila und Seronga verstorben (2013/12)
Bei jedem Besuch in Emmen galt
meine erste Frage der Zukunft der beiden Familien. Und immer lautete die
Antwort: Das wissen wir noch nicht. Endlich dann, im Januar 2013, ein Lichtblick.
Und meine Freude war groß, denn die Familie von Htoo Yin Aye sollte in den Zoo
Osnabrück umgesetzt werden. Gefreut hat mich das aber nur für die Emmener
Elefanten.
Auf meiner Internetseite habe ich ja schon des Öfteren darauf
hingewiesen, dass sich das Management des Zoos Osnabrück entscheiden müsste, ob dort nun gezüchtet werden soll
oder ob man eine Auffangstation für Circuselefanten sein möchte. Nun hatte man sich also endlich für die Zucht entschieden. Warum aber nicht mit den bereits
vorhandenen Elefantenkühen gezüchtet werden kann, ist nicht wirklich
nachzuvollziehen. Die Neuen Osnabrücker Zeitung schrieb dazu:
"Weil sich aber im EEP kein neuer afrikanischer Bulle für Osnabrück fand,
habe es für diese Spezies (afrikanische Elefanten) in der Hasestadt keine
Zukunft mehr gegeben, so der wissenschaftliche Leiter des Zoos."
Durch geschickte Umsetzung hätte sich sicher ein
Afrikanerbulle, zumindest für Matibi, gefunden. Und wenn das wirklich nicht
möglich gewesen wäre, warum wurden Matibi und Sabi dann ausgerechnet in den
Plaisance Zoo nach Frankreich abgegeben. Warum führte man nicht Maibi wieder
mit ihrer Mutter Bibi zusammen, die inzwischen im Bergzoo Halle lebt. Dort
steht auch ein junger Afrikanerbulle, mit dem sie Nachwuchs hätte haben könnte?
Sabis ehemalige Stallgenossin lebt derzeit in Safaripark Hodenhagen. Warum
wurde Sabi nicht wieder mit ihr zusammengeführt? Sabi kann man die Familie
nicht zurückgeben. Sie kann weder zurück zu ihrer Famile noch kann sie wahrscheinlich noch eine eigene Kälber bekommen. Matibi aber kann zurück zu ihrer Mutter. Warum tut man
das nicht?
Die Freude über diese Lösung des Emmener
Elefantenproblems wehrte nicht lange. Am 26.03.2013 informierte die Neue
Osnabrücker Zeitung:
„Das ist ein Schlag ins Kontor: Tiermedizinische
Untersuchungen haben bei zwei der Asiatischen Elefanten, die eigentlich in
diesen Tagen aus Emmen nach Osnabrück reisen sollten, Tuberkulose-Antikörper
festgestellt. Im Klartext heißt das: Die Tiere waren oder sind mit der
ansteckenden Krankheit infiziert. Genaueres müssen weitere Tests zeigen. Nur
eines ist klar – die Dickhäuter bleiben, wo sie sind.“
Der Zoo Osnabrück löste dieses Problem für sich
schnell und nahm neben dem für die Emmener Elefantenfamilie vorgesehenen Bullen
Luka kurzerhand vier zoogeborene Jungbullen auf. Damit lösten sich auch ein
großes Problem des Zoo Hannover bzw. des Tierparks Hagenbeck, die dringend
ältere Jungbullen abgeben müssten.
Die kritische Lage in Emmen besteht aber nun auch weiterhin.
Die Fußprobleme des Elefantenbullen Radza haben
sich im Sommer 2013 erheblich verschlechterten und die im September 2013
angefertigten Röntgenbilder machten dann auch die letzte Hoffnung auf Besserung
zu Nichte. Deshalb wurde im Dierenpark Emmen der Entschluss gefasst, den
Elefantenbullen Radza von seinen Leiden zu erlösen. Am 01.10.2013 wurde er
eingeschläfert.
Bei meinem Besuch im August 2013 könnte ich schon
miterleben, das er sich nicht mehr so verhielt wie in den Jahren zuvor. Er
bewegte sind noch weniger, wechselte zwischen Innen- und Außenanlage nur selten
und schlief aber dann in der Außenanlage um so mehr. Seine Füße wurden
regelmäßig behandelt. Man sah deutlich, dass er immer schlechter laufen konnte.
Radza war nicht nur wegen seiner stattlichen Größe und
seinen langen Stoßzähnen, die ihn zu einer imposante Erscheinung machten, ein
ganz besonderer Elefant. Er war auch die Sanftmut in Person. Und so war es
möglich, ihn während der gesamten Zeit in Emmen ein Leben inmitten der beiden
Elefantenfamilien zu ermöglichen.
Geduld zeigte er immer wieder im Umgang mit
seinen Kälbern. Besonders die jungen Bullen haben sich gerne in seiner Nähe
aufgehalten und sich auch neben ihn gelegt, wenn er seinen Mittagsschläfchen
hielt. Die ganz kleinen Kälber durften sogar auch auf ihm herumklettern.
Aber Radzas Leben in Europa hat noch eine
Besonderheit, es spiegelt nämlich die Entwicklung der Elefantenhaltung in den
vergangenen Jahrzehnten wider.
(0)
Geboren wurde Radza in Indien, wahrscheinlich im
Jahr 1966.
(1)
Wie damals und auch noch später üblich, kam er
schon als zweijähriges Elefantenkalb nach Europa. Seine erste Station war der
Zoo Stuttgart, wo er nur vier Jahre blieb.
(2)
Anschließend kam er in einen sowjetischen Circus.
(3)
Von dort wurde er 1974 in den Zoo Riga abgegeben.
(4)
Dort erwartete ihn die Elefantenkuh Hanako San, die
aber nur in seiner Nachbarschaft lebte. Die Kuh starb drei Jahre später.
(5)
Nun stand Radza neun Jahre lang allein in dem
Gehege.
(6)
Im August 1986 zog Sideivi mit in das Gehege ein.
Sie zeigte sich sehr aggressiv und kam deshalb auch nie mit Radza zusammen. Sie
starb dann auch im Dezember dieses Jahres.
(7)
Im August des nächsten Jahres kam die 1969 in
Indien geborene Elefantenkuh Zita nach Riga. Zoomitarbeiter berichteten über
"Liebe auf den ersten Blick" zwischen den beiden. Knapp drei Jahr
später wurde ein Kalb geboren. Leider starb die Kuh Zita drei Monate
nach der Geburt von Zuza.
(8)
Nun stand Radza bis 1996 allein mit seiner Tochter
im Zoo Riga, die aber 24.08.1996 in den Zoo Kobe
(Japan) abgegeben wurde.
(9)
Zwei Monate später kam die Kuh Rupa in den Zoo
Riga, mit der es dann einige erfolglose Paarungsversuche gab. Beide lebten bis
zum Jahr 2003 dort zusammen.
Angaben und Zitate wurden dem Artikel "Die Elefanten im
Rigaer Zoo" von Daiga Leimane in "Elefanten im Zoo und Circus"
11/2007 Seite 12ff entnommen.
Diese Beschreibung von Radzas Leben ist keine
Kritik an den Zoos Stuttgart oder Riga. Der hier beschriebene Umgang mit
Elefanten war zu dieser Zeit in der Mehrzahl der Zoos, auch in Deutschland,
leider noch Normalität. Im Gegenteil, dass Bullen diese Alters im Zoo gehalten
werden, war sogar schon ein Fortschritt. Was die Stationen im Leben von Radza
zeigen, sind die groben Fehler der Elefantenhaltung dieser Zeit:
(1)
Zoos nehmen wild gefangene Elefanten auf, die in
einem Alter von der Mutter getrennt wurden, in dem auch männliche Kälber die
Zuwendung, die soziale Erziehung und auch die Milch der Mutter für eine gesunde
Entwicklung unbedingt noch benötigen. Aufgezogen werden sie dann durch die
Tierpfleger, zu denen sie im Ergebnis eine engere Bindung als zu ihren
Artgenossen haben.
(2)
Elefanten wurden aus einem Zoo in einen Circus
abgegeben, wo sie weder in der Vergangenheit, noch in der Gegenwart und auch in
Zukunft nicht artgerecht gehalten werden können. Ein Elefant im Circus ist
außerdem immer eine permanente Gefahr für die Umgebung.
(3)
Die wenigsten Bullen erlebten im
Circus die Pubertät. Radza war 6 Jahre, als er bestimmt nicht aus Rücksicht auf ihn, zurück
in einen Zoo kam. Das war aber in diesem Moment eine tiergerechte Entscheidung,
denn andere Elefantenbullen wurden einfach getötet.
(4) - (6)
Elefanten wurden als Einzeltiere ausgestellt, deren
Tätigkeit dann nur fressen und weben war. Radza hat das Weben bis zu seinem Tod
beibehalten.
(7) - (9)
Elefanten werden paarweise gehalten, obwohl die
Kühe in der Natur eigentlich in einer Großfamilie mit allen weiblichen
Nachkommen einer Matriarchin und deren Kinder (männlich Kälber bis zum Alter
von 10 bis 12 Jahren) leben.
Ich hörte Radzas Namen erstmalig im Jahr 2002. Im
Magazin "Elefanten im Zoo und Circus" 02/2002 wurde darüber
bereichtet, wie die Tierärztin Angelika Hinke gemeinsam mit Tierpfleger Marcus
Linder und Tiertransporteur Roy Smith Radzas Fußprobleme behandelten. Das
Leben auf dem Betonplateau der Außenanlage, ein feuchter Stallboden und wenig
Bewegungsfreiheit hatten ihre Spuren hinterlassen und, wie dann auch durch die
Sektion im Jahr 2013 bestätigt wurde, erhebliche krankhafte Veränderungen an
seinen Füßen hinterlassen.
Schon 2002 wurden "nicht mehr korrigierbare
Schäden (Arthrose)" diagnostizierte. In diesem Zusammenhang wurde auch
vermutet, dass dies "möglicherweise die Paarungsbereitschaft des ehemaligen
Zuchtbullen (erfolgreiche Zeugung 1988) beeinträchtigen". Entsprechend
skeptisch wurde dann die Umsetzung von Radza in den Dierenpark Emmen auch
teilweise gesehen. Trotz der, im nächsten Jahr im Rigaer Zoo vorgenommenen, baulichen
Veränderungen entsprach das Gehege nicht den Anforderungen an
artgerechte Elefantenhaltung. Schweren Herzens entschloss man sich deshalb in
Riga, dem Rat des Artkoordinators zu folgen und den Bullen sowie auch die Kuh
in zwei niederländische Zoos abzugeben. Das ist für mich ein Schritt, der gar
nicht hoch genug gewürdigt werden kann, ein Tier dem Tier zuliebe wegzugeben.
Schon im Jahr 2006 war man dann in Riga sicher, dass der
Entschluss richtig war. Bis dahin waren in Emmen zwei
Bullenkälber und in Köln ein Kuhkalb (Mutter kam 2004 trächtig von Emmen nach
Köln) geboren, die Radzas Gene tragen. Bis zu seinem Tod brachte er es, allen
Skeptikern zum Trotz, auf insgesamt 13 Kälber von 7 Müttern. Zwei Kälber von
ihm werden wahrscheinlich noch erwartet. In seinen 10 Emmener Jahren konnte
Radza endlich das tun, was ein wilder Elefantenbulle auch sein Leben lang tut.
Die Emmener Pfleger versuchten Radzas Probleme
mit den Füßen und den immer wieder zu lang werden Fußnägeln in Griff zu
bekommen. Durch Futtergaben an den verschiedensten Stellen des Geheges
versuchte man ihn zum Laufen zu animieren. So durchquerte er auch einige Male
am Tag das Gehege, lief aber im Vergleich zu den Kühen und Kälbern nur wenig. Schon am frühen Nachmittag stand er oft webend vor dem Tor zum Stall (Foto rechts). Sein vorsichtiger und langsamer Gang war wahrscheinlich eine Folge seiner
Fußprobleme, die in Emmen zwar gemildert, aber nicht gebessert werden konnten.
Wäre Radza das Glück beschieden gewesen, dreißig
Jahre lang so wie in Emmen zu leben, hätte er jeden derzeitig im Zoo lebenden Zuchtbullen
in den Schatten gestellt. Ich hoffe, dass all seinen Söhnen dieses Glück zu
teil wird. Und ich hoffe für seinen Nachfolger, dass das neue Emmener
Elefantengehege für einen Familie mit mindestens sieben Kühen und deren Kälber
gebaut wird.
Das Leben der beiden Emmener Elefantenfamilien ging über das ganze
Jahr 2013 so, wie bereits für 2012 beschrieben, weiter und es war keine Veränderung in Sicht. Über das trennende Gitter hinweg versuchte Ma Palay immer wieder besonders Ma Yay Yee zu dominieren (Foto mit Ma Palay vorn und Ma Yay Yee hinter dem Gitter).
Erst im Dezember 2013
kam die erlösende Meldung, die aber wahrscheinlich nur eine Übergangslösung
sein wird. Die Familie von Htoo Yin Aye kommt in den Zoo Dierenrijk Europa in der Nähe von Eindhoven (Niederlande). Das Gehege wurde erst 2009
eingerichtet und beherbergte seit dem eine Jungbullengruppe.
Zwei der bisher
dort lebenden Tiere kamen aus der Emmener Herde, wobei eines ein Kalb von Htoo
Yin Aye war. Diese beiden Tiere wurden in eine andere Bullengruppe nach Spanien
verbracht. Der am 21.02.2004 in Rotterdam geborene Jungbulle Sibu blieb in
Dierenrijk Europa. Und genau deshalb betrachte ich es auch nur als
Übergangslösung. Der junge Bulle kann sich, wenn überhaupt, nur mit Ma Palay
fortpflanzen. Ihre Mutter Htoo Yin Aye wird ihn wegen seines Alters als Partner sicher nicht akzeptieren.
Am Morgen des 13.12.2013 wurde im Thüringer Zoopark die Elefantenkuh Akila in
einer Box liegend aufgefunden. Trotz intensiver Bemühungen durch Zoo, Feuerwehr und
ADAC brachte man sie nach 10 Stunden nicht wieder auf die Beine und entscheid
sich schweren Herzens sie einzuschläfern. Der Zoodirektor sprach in diesem Zusammenhang von einem herben
Rückschlag für die Elefantenzucht in Europa. Nicht nur ich wunderte mich über
diese Einschätzung nach dem Tod einer Elefantenkuh. Aber wir wussten ja auch
noch nicht alles, was Dr. Kölpin schon wusste. Auch in Sigean war bereits am 21.11.2013 die
Elefantenkuh Seronga tot im Stall gefunden worden.
Die Todesursache ist bisher bei beiden Tieren noch nicht bekannt,
wird aber an der Veterinärmedizinischen Hochschule Hannover (Akila) bzw. in
Paris (Seronga) untersucht.
Mitte Januar 2014 war die Todesursache immer noch nicht bekannt.
Der Stress in Emmen gehen weiter (2012/05-06)
Abschied von Htoo Kin Aye (2012/06)
Ergebnis der Sektion von Htoo Kin Aye (2012/06)
Der Stress schlägt in Kampf um (2012/08-11)
Die Streitigkeiten zwischen den beiden Familien
wurden immer heftiger. Im Mai 2012 versuchte der Dierenpark Emmen die Ursache
für die Auseinandersetzung mit dem auffälligen Verhalten eines im Jahr 2008 geborenen
Jungbulle zu erklären:
„Der
Elefant Ananda steht seit kurzem separat. Er stört nämlich in hohem Maße die
Ruhe in der großen Elefantengruppe. Sehen wer der Stärkste ist und decken sind
die liebsten Spiele junger Elefantenbullen. Wenn sie einen Versuch starten
wollen, sich zu paaren, tun sie das ungeachtet des Status der Weibchen. …
Ananda belästigt z. B. fortwährend die hochschwangeren Htoo Khin Aye und
gebrauchte dabei auch seine Stoßzähne. Das verursachte so viel Stress, dass
Ananda einen Platz im früheren Bullengehege bekam. … Tagsüber sieht er die Gruppe mit seiner Mutter (Htoo Yin Aye) und an das
alleine stehen muss er sich ohne Zweifel gewöhnen. Das Alleinleben ist für ein
junges Männchen normal. In der Wildnis werden solche pubertierenden Elefanten
aus der Herde geworfen. In einem Tierpark bedeutet, dass für den betreffenden
Dickhäuter ein Platz in einem anderen Tierpark gesucht werden muss. Das
Verfahren ist nun in Emmen auch angelaufen ... .“
Ananda
zeigte binnen kurzer Zeit erhebliche Auffälligkeiten. Er begann stark zu weben. Ob
Besucher nachgefragt haben oder ob der Zoo sich selber erklären wollte, im
Juni 2012 war dann auf der Internetseite des Zoos zu lesen, warum Ananada
allein im Bullengehege steht:
„Es ist
nicht möglich z. B. Yoe Ma – das nächstjüngere Männchen – als Spielkameraden zu
ihn zu setzen. Dann müsste der von seiner Mutter und dem Rest der Familie
getrennt werden. Dazu ist Yoe Ma (Anmerkung: Yoe Ma geb. am 04.09.2008 und
Ananda geb. am 25.04.2008) noch zu jung. Ananada bekommt extra Aufmerksamkeit
von den Tierpflegern, aber er langweilt sich doch in dieser neuen
Situation."
Sollten die vier Monate Altersunterschied hier
wirklich so viel ausmachen? Bestätigen kann ich auf alle Fälle, dass Yoma mehr
an seiner Mutter hängt, als dass bei Ananda den Eindruck macht. Weiter heißt es dort:
"Die Folge ist, dass er mit großer
Regelmäßigkeit an der Seite zur Gruppe auf und ab läuft. Dies wird als
stereotypes Verhalten bezeichnet. Das Ananda in die Gruppe zurückkommt ist
ausgeschlossen, aber seine Lage wird sich ändern. Das wird getan, um das
stereotype Verhalten zu mindern. Ananda bekommt nämlich einen eigenen Platz im
hinteren Teil des Stalls. Auch da steht er abgeschieden, aber er ist doch nah
an der Gruppe. Solange die Gruppe im Stall steht, kann er mit den Mitgliedern
der Gruppe Kontakt halten. Wenn die Gruppe in die Außenanlage geht, bekommt er
den Platz vor Stall.“
Der Meldung auf der Internetseite vom Emmener Dierenpark muss man nichts hinzufügen:
"Die Elefantenkuh Htoo Kin Aye (im Bild mit ihren Kälbern Swe Zin und Einga Tha im Jahr 2011), die am 22.Mai noch einen Sohn zur Welt gebracht hat, ist gestern Abend (11.06.2013) in der Innenanlage gestorben. Htoo Kin Aye war zusammen mit ihrem neugeborenen Sohn gestern morgen durch die Tierpfleger von der Gruppe separiert worden, da sie einen kranken Eindruck machte. In dem Stall fiel sie dann auf ihr Junges. Obwohl geschwächt, konnte sie sich doch wieder aufrichten. Wenig später fiel sie erneut und blieb liegen. Der Tierarzt hat sein Möglichstes getan, um ihren Gesundheitszustand zu verbessern, aber er konnte schließlich nur noch den Tod des Elefanten feststellen. Der neugeborene kleine Elefant Thura schien durch den
Fall seiner Mutter kaum verletzt, aber durch die verminderte
Gesundheit seiner Mutter war auch er geschwächt. Um einem langen
Leidensweg zuvor zukommen, haben die Elefantenpfleger und die Tierärzte
gemeinsam die schwierige Entscheidung getroffen den kleinen Elefanten
einzuschläfern."
Am 21.06.2013 meldete der Emmener Dierenpark, dass die Sektion der verstorbenen Elefantenkuh Htoo Kin Aye in der Veterenärmedizinischen Fakultät der Universität Utrecht Blutung in der Gebärmutter als Todesursache ergab. Auch wurde dabei festgestellt, dass Htoo Kin Aye nicht mehr zu retten gewesen wäre.
Das kann man so nicht stehen lassen. Richtig ist
sicher, dass der Tierarzt sie am 11.06.2012 nicht mehr retten könnte.
Vielleicht hätte man aber die Zuspitzung der Lage bis zum 11.06.2012 vermeiden können? Ob die "Belästigungen"
durch Ananda (siehe Aktuelles 2012 – Der Stress geht weiter) im direkten
Zusammenhang mit dem späteren Tod des Tieres stehen, kann man nicht mit
Bestimmtheit sagen, aber die Möglichkeit besteht und ich würde sie auch nicht
als unwahrscheinlich bezeichnen. Und so lange die Möglichkeit besteht, ist man
in jedem Zoo gut beraten, solche Gefahren zu vermeiden. Die
Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familien gibt es schon seit längeren
und damit hätten die Familien auch schon lange getrennt werden müssen. Als
Herde kann man die beiden Familien auch nicht bezeichnen. Sie lebten zwar
bisher relativ friedlich neben einander, aber mit dem Erstarken der Familie von
Htoo Yin Aye begannen eben auch die Auseinandersetzungen, die vielleicht zum Tod
von Htoo Kin Aye beigetragen haben.
Diese Worte sollen keine Schuldzuweisung sein und es liegt mir auch fern den
Dierenpark Emmen zu kritisieren. Es soll eine Warnung für andere
Zoos sein. Erfahrungen aus anderen Zoo gab es nicht, da der Dieranpark Emmen der erste auf dem Weg zur Familienhaltung ist. Der nächsten Zoos aber, könnte die Emmener Erfahrungen nutzen.
Im November 2012 berichtete der Emmener Dierenpark
über zusehends größer werdendes Medieninteresse:
„Die Emmener Elefantenherde hat in letzter Zeit
viel Aufmerksamkeit von der Presse erhalten. Anlass für diese
Medienaufmerksamkeit war die Uneinigkeit in der Herde. Kleine
Reibereien gibt es immer, aber in diesem Sommer begannen die Uneinigkeiten heftiger zu werden. … Alles begann nach dem Tod
der Leitkuh Htoo Kin Aye. Wer in ihrer Nähe stand, wurde nicht belästigt und
darum war sie eine sehr wichtige Zuflucht. Nach dem Verlust von Htoo Kin Aye
veränderte sich die Rangfolge in der Herde von zwölf Elefanten. Es entstand
sozusagen ein Machtstreit zwischen zwei Familiengruppen. Die eine Gruppe
bestand aus der ältesten Elefantenkuh Htoo Yin Aye. ihrer Tochter und zwei
Söhnen. Die Basis der anderen Gruppe bildete die Tochter der früheren Leitkuh.
Diese Gruppe um Mingalor Oo, der ersten in Emmen geborenen Elefantenkuh,
besteht aus sieben Elefanten. Der riesige Elefantenbulle gehört nicht zur
Herde, er geht allein durchs Leben. …. Es wurde bald klar, dass der Streit in
der Herde immer größer wird. Um schwere Kollisionen zu vermeiden, ist
beschlossen worden, die Herde in zwei Gruppen zu teilen. Das würden Elefanten
in der Wildnis auch tun. Die Herde würde sich in zwei Familiengruppen aufsplittern und
jede würde im Dschungel ihren eigenen Weg suchen. Auch andere Experten sahen
die Trennung als einzige Möglichkeit. In Laufe der Zeit schien die
Möglichkeit, wieder eine Herde zu bilden, ausgeschlossen. Die einzige Lösung
ist die Umsetzung einer der beiden Gruppen in einen anderen Zoo. Beschlossen
ist die Umsetzung von Htoo Yin Aye und ihren Kindern. Bis dahin gehen beide
Gruppen abwechselnd in die Außenanlage. Die Gruppe von Htoo Yin Aye morgens und
die von Mingalor Oo mittags. Radza leistet beiden Gruppen Gesellschaft."
Während des Sommers war das kein Problem. Im Jahr
2012 war die Familie von Mingalor Oo am Tag und die von Htoo Yin Aye nachts in
der Außenanlage. Ananda wurde nicht mehr separat gehalten. Er durfte wieder
in seiner Familie leben. Die Besucher sahen wahrscheinlich überwiegend nur
die Familie, die sich draußen aufhielt. Hier zeigte sich ein Bild, wie es wohl
auch in Freiheit zu sehen ist. Eine Herde, bestehend aus Tieren
unterschiedlichen Alters, zieht durch ihr Territorium, wo z. B. gefressen,
getrunken, geruht oder gespielt wird. Abseits ein stattlicher Bulle, der sich
ab und an zur Gruppe gesellt.
Die Familie im Haus aber, hatte tagsüber teilweise
nur ein Drittel der Stallfläche zur Verfügung, denn die Stallfläche muss ja
auch gereinigt und für die Nachtfütterung vorbereitet werden. In solchen Momenten zeigten alle älteren Tiere,
einschließlich Ananda, Stereotype, indem sie über längere Zeiträume ständig im
Kreis liefen. Auch Mong Tine (geb. 06.02.2011) lief teilweise mit, wobei er
wahrscheinlich nur seiner Mutter folgte. Der Kot war an einem Abend so festgetrampelt, das die Pfleger ihn mit einem selbstgebauten Schaber (siehe Bild rechts) entfernen mussten.
Von Ende September 2012 bis Anfang Mai 2013 könnten sich die beiden
Gruppen aber nur noch tagsüber abwechselnd in der Außenanlage aufhalten. In der
Nacht, die sich dann ja teilweise über 18 Stunden erstreckt, müssten sich alle Tiere das Haus teilen. Im August 2013 lebte Ananda wieder getrennt von
seiner Familie. Er wurde heraus genommen, da er nun seine Mutter
attackierte. Wahrscheinlich wollte man hier nicht noch einmal das Risiko
eingehen, eine weitere Elefantenkuh zu verlieren. Damit musste das Haus dreigeteilt werden. Allen war klar, dass diese Situation
eigentlich unhaltbar und für die Tiere unerträglich ist. Aber wo sollte man hin
mit der zweiten Elefantenfamilie?