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Als meine Zweifel an der Machbarkeit der Elefantenhaltung in Menschenhand immer stärker wurden, sah ich im Mai 1999 mit großer Freude und Ergriffenheit einen Bericht von Stern-TV über die Geburt eines Elefantenkalbes in Noorder Dierenpark (heute Emmener Dierenpark) in den Niederlanden. Man sah keine angeketteten Elefanten, keine Tierpfleger, die aufgeregt versuchten 100 kg Elefant aus einer selbst herbeigeführten oder nur erdachten Gefahrensituation zu bringen. Hier wurde ein kleiner Elefant mitten in einer Elefantengruppe geboren. Dabei war auch die siebenjährige Schwester der Kleinen. Und hier war auch die Rede von einem Grundsatz der Elefantenhaltung in Emmen, meiner ersten Emmener Essenz für die Elefantenhaltung:

Ein weiblicher Elefant bleibt so lange bei seiner Mutter, bis er oder die Mutter stirbt.

Als ich dann, im September 2002 den Emmener Dierenpark das erste Mal besuchte, machte Ma Yay Yee, so heißt das im Mai 1999 geborene Kalb, mit drei Jahren ihren (vielleicht) ersten "Babykurs". Gemeinsam mit der ein Jahr älteren Ma Palay betreute sie deren neugeborenen Bruder Than Myan. Es war wunderbar an zu sehen, wie:

die beiden Elefantenmädchen Ma Palay und Ma Yay Yee ein 14 Tage altes Jungtier umsorgten und beschützten.
sich Ma Palay schützend über ihren kleinen Bruder stellte und Ma Yay Yee einen ruppigen Jungbullen abwehrte, der den kleinen auf dem Boden schlafenden Than Myan vorher im vorbeigehen getreten hatte.
und wie Ma Yay Yee dem heranwachsenden Bullen damit gleichzeitig eine Lektion in Sachen Sozialverhalten erteilte.

Solche Szenen sieht man aber nur, wenn ein weiterer Grundsatz beachtet wird.

Elefantenfamilien müssen in einem Zoo wachsen können, denn sie sollten immer aus mehrere gleichaltrigen Jungtiere und auch immer aus Tiere der verschiedenen Altersgruppen (Infantil, juvenil, subadult, adult) bestehen.

Aber wer Emmen besucht, der kann auch anderes erleben. Denn das Leben der Elefanten ist weder im Zoo noch in der Natur eine heile Welt. So verschlief der eben schon erwähnte Than Myan 14 Tage nach seiner Geburt fast den ganzen Tag. Die beiden Babysitterinnen versuchten immer wieder, ihn an die Brust einer Kuh zu führen. Er trank dort jedoch nur kurz. Eines morgens war er dann verschwunden. Damals lebten in Emmen 14 Elefanten, die ich auch noch nicht so gut kannte. Bange Stunden vergingen, bis mir klar wurde, dass auch eine Kuh fehlt. Beide fand ich dann im Haus und traf auch einen Pfleger, der mir erklärte, dass Than Myan nach der Geburt seine Mutter nicht erkannt hat und immer bei einer anderen Kuh, der Mutter von Ma Yay Yee, zu trinken versuchte. Sie hatte aber nur noch Milch für ein dreijähriges Kalb, sodass er zu wenig Nährstoffe bekam und zusehends abmagerte. Man hatte sich dann entschlossen, Mutter und Kalb abgetrennt von den anderen Elefanten für einige Zeit im Haus zu lassen. Damit gab man den beiden die Möglichkeit, ihr Problem selbst zu lösen.

Erst abwerteten, ob die Elefanten das Problem selber lösen und wenn nicht, dann nur regulierend eingreifen und den Elefanten also eine Unterstützung für die Lösung des Problems geben. Das Problem müssen aber die Elefanten selber lösen.

Im Mai 1999 gingen die Pfleger noch zu den Tieren in den Stall, auch wenn die Geburt damals schon ohne Zutun des Menschen ablief. Zwei Jahre später musste man aber feststellen, dass in einer so gewachsene Gruppe gerade die heranwachsenden Jungtiere (Mingalor Oo war inzwischen neun, Ma Palay drei und Ma Yay Yee zwei Jahre alt) für die Pfleger eine größere Gefahr darstellen als manche erwachsene Kuh. Verschiedene Zuchtzoos hatten vorher auch schon diese Erfahrung gemacht. Sie lösten das Problem, indem das für den Menschen gefährliche Tiere aus der Gruppe entfernt und damit aber auch von der für Elefantenkühe so wichtigen Familie getrennt wurde. Nicht so in Emmen. Hier passte man die Haltung und nicht die Gruppe den veränderten Umständen an. Die Betreuung der Elefanten wurde auf geschützten Kontakt umgestellt. Man versorgt nun die Elefanten von außen. Hier würde niemals eine Familie getrennt werden, nur weil sie ohne Gefahr für den Menschen in dem gegenwärtigen Haltungskonzept nicht weiter zu halten ist. Bevor die Familie getrennt wird, wird die Haltung geändert oder langfristig die Anlage erweitert, wie dies inzwischen in Emmen geplant ist. Im Erweiterungsgelände (ES-Gelände) soll eine neue Anlage entstehen, deren Haus so groß ist, wie die heutige Außenanlage und deren Außenanlage vier mal so groß werden wird, wie sie heute ist. Ich hoffe, dass die Finanzen diesen Plan nicht durchkreuzen. Aber ich bin mir sicher, dass selbst dann keine der beiden heute dort lebenden Elefantenfamilien auseinander gerissen werden wird. Und das ist die dritte Emmener Essenz:

Wenn ein Problem unter den bestehenden Haltungsbedingungen nicht gelöst werden kann, müssen die Haltungsbedingungen geändert und nicht unbequeme Tiere abgegeben werden.

Schon im Jahr 2007 wurde ich Zeuge, wie Ma Palay nach einer Fütterung gemeinsam mit ihrer Mutter Htoo Yin Aye einen Angriff auf Ma Yay Yee starten. Beide hatten davon keinen Vorteil, konnten ihr kein Futter abjagen. Man könnte fast annehmen, sie wollten die rangniedrigste Kuh der anderen Familie dafür bestrafen, dass sie zuvor kein Futter abbekommen hatten. Diese Szene hatte ich schon vergessen, als im Sommer 2010 Ma Yay Yee direkt vor meinen Augen fast in den Graben geschubst worden wäre. Sie konnte sich in letzter Sekunde selber wieder fangen. Ein anderer Beobachter dieser Szene hatte Ma Palay als Verursacher dieses Zwischenfalls ausgemacht. Ich wollte es gar nicht glauben, wurde aber schon im April 2011 eine besseren belehrt. Ma Yay Yee hatte nicht bemerkt, dass ihre Familie weitergezogen war. Als sie der Familie dann folgen wollte, nutzte Ma Palay gezielt ihre Change und versperrte Ma Yay Yee unter Nutzung der Brücke und der schmalen Durchgänge zwischen den Steinhaufen immer wieder geschickt den Weg zur Familie. Das Schauspiel endete erst, als Ma Yay Yee's Schwester Mingalor Oo erschien. Allein ihre Anwesenheit lies Ma Palay von ihrem Vorhaben ablassen. Das Wegversperren verlief einigermaßen ruhig. Obwohl Ma Palay bei ihren Platzwechseln zwar schneller als gewöhnlich lief, versperrte sie aber Ma Yay Yee den Weg nur mit ihrem Körper oder drängte sie durch Druck mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung. Auch bei den Angriffen im Jahr 2007 stießen beide nur aus dem Stand mit dem Kopf zu. Im Juli 2011 hingegen erfolgte der Angriff aus dem Lauf und es wurde mit Kopf und Rüssel geschlagen. Man kann schon sagen, das Ma Yay Yee von beiden regelrecht gejagt und verprügelt wurde.

Als ich noch überlegte, ob ich einen Pfleger suchen oder Ma Yay Yee weiter beobachten sollte, kam ein Pfleger auf mich zu, der mir die immer wieder auftretenden Auseinandersetzungen zwischen den Tieren bestätigte. Er sagte aber auch, dass immer nur Ma Palay oder ihr Halbbruder Ananda Yinthway Ma Yay Yee angreifen und das auch nur dann, wenn sie sich getrennt von ihrer Familie bewegt.

In den folgenden drei Tagen hat sich ein ähnlicher Vorfall nicht wiederholt. Ma Yay Yee war aber auch ständig in der Nähe ihrer Mutter oder ihrer großem Schwester Mingalor Oo zu finden. Hier wurde der Schutz von Ma Yay Yee vor der Familie von Htoo Yin Aye allein durch das dicht beieinander bleiben ihrer Familie garantiert. Kurz vor diesen Beobachtungen im Sommer 2011 sagte mir ein Tierpfleger aus einem anderen Zoo, dass sich nur wenige weibliche Elefantenkälber nicht von ihrer Mutter trennen lassen. Bei mir kam das so an, als ob das "sich trennen lassen oder nicht" ein Maß für die Bindung zwischen Mutter und Kalb wäre. Was aber, wenn die Tiere sich ohne weiteres Trennen lassen, weil sie Vertrauen zu ihren Pflegern haben. Dürfen die Menschen dieses Vertrauen enttäuschen? Sollte sich ein Tierpfleger, dem eine Elefantenkuh ihr Kalb anvertraut, nicht eher glücklich schätzen dieses Vertrauens? Denn hier birgt wahrscheinlich auch jede Enttäuschung eine Gefahr für das zukünftige Zusammenleben von Mensch und Tier. Ich meine:

Die Familie bleibt nur dann dicht beisammen, wenn ihr oder auch nur einzelnen Mitgliedern eine Gefahr droht.

Trotzdem sollte in Emmen schnellstens eine Trennung der Familien durch Abgabe einer Familie oder Umsiedlung in die größere neue Anlage erfolgen. Das wäre nicht nur eine Hilfe für Ma Yay Yee sondern auch für Ma Palay, denn dann würde bestimmt auch eine Trächtigkeit für sie wahrscheinlicher. Sie wurde bisher von Radza noch nie gedeckt, obwohl er ihren Zyklus genau wie den der anderen prüft. Ma Palay ist nicht nur Angreifer. Sie hat wahrscheinlich als rangniedrigstes Tier der Gruppe beim täglichen Kampf ums Futter erheblichen Stress, der eben u.a. auch zu Unregelmäßigkeiten im Zyklus führen kann. Also sollte man immer bedenken:

Für eine erfolgreiche Zucht darf der Stress für die Tier ein bestimmtes Maß nicht überschreiten.

Angriffe gehen nicht selten von den jüngeren Tieren aus. Im Sommer 2011 hatte Ananda Yinthway (geb. 25.04.2008, Sohn von Htoo Yin Aye) als ältester Jungbulle seine Stellung unter den anderen Jungtieren wahrscheinlich schon geklärt und wagte sich nun an Ma Yay Yee, die jüngste erwachsene Kuh der anderen Familie, heran. Seiner Schwester Ma Palay, die bei den meisten Zwischenfütterungen nichts abbekommt, war das ofensichtlich recht und sie beteiligte sich intensiv und begann auch selber solche Angriffe auf Ma Yay Yee. Die Mutter Htoo Yin Aye unterstützte beide dabei.

Ja "stärker die einelne Familie" desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich gegen "Ungerechtigkeiten" wehrt und es zu Auseinadersetzungen zwischen einzelnen Tieren, Familien oder auch anderen Gruppen kommt.
Auf Dauer können wahrscheinlich nicht mehrere Familien in einer Anlage leben. 


 
     
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